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Am nächsten Morgen starte ich früh mit dem anstrengenden Aufstieg aus La Paz nach El Alto und damit auf den Altiplano. Nach 65 km erreiche ich die Tempelanlage von Tiwinaku aus der Zeit vor den Inkas, die dann von diesen übernommen wurde.

Auf dem Altiplano

Während eines wilden Gewittersturms sehe ich mir das Museum dort an. Als ich weiterfahren will, ist die Straße mit 5 cm nassem Schnee bedeckt. So fahre ich erst um 15 Uhr nach Peru und zum Titicacasee weiter.

Desaguadero

Die Aus- und Einreiseformalitäten sind schnell erledigt. Auf der anderen Seite stehen unzählige Geldwechsler, so tausche ich meine letzten Bolivianos gegen Nuevo Soles. In Desaguadero ist Karneval, der ganze Ort ist auf den Beinen, überall spielen Kapellen und die Menschen tanzen auf der Straße.

Der nächste Tag beginnt mit 14°C und Sonnenschein, so bin ich schon um 7 Uhr auf dem Rad und genieße die schöne Strecke am Titicacasee entlang. Die Straße ist geteert, aber mit vielen Schlaglöchern übersät und der Verkehr wird zunehmend nervig. Die Kleinbusfahrer sind besonders rücksichtslos, Radfahrer sind hier Freiwild. Nach 100 km erreiche ich Ilave und mache mich auf die Suche nach einer Unterkunft für die Nacht. Nicht ganz einfach, selbst die Polizei rät mir nach Puno weiterzufahren. Trotzdem bleibe ich im Ort in einem sehr einfachen Hotel. Der Altiplano hier ist so dicht besiedelt, dass ich nicht zelten mag und keine Lust habe, mich nochmal für drei Stunden in den Sattel zu setzen.

Puno

Am nächsten Morgen bin ich wieder früh auf den Beinen, morgens ist weniger Verkehr und der Gegenwind wird erst um die Mittagszeit stärker. So bin ich schon um 10 Uhr in Puno. Und nach einem kurzen Stopp auf dem Weiterweg nach Juliaca. Hier ist die ganze Stadt wegen des Faschingsumzugs abgesperrt, aber ich brauche dringend Bargeld. Alle Banken sind geschlossen und schwer bewacht. Einzig vor einer Bank wird mir der Zugang zum Geldautomaten gewährt. Überraschend funktioniert sogar meine EC Karte und ich komme günstig an Bares.

Altiplano

Die letzten Tänzer schwanken nach Hause als ich mich am nächsten Morgen aufs Fahrrad setze. Endlich wird der Verkehr weniger. Die angebliche Piste wurde im Jahr davor neu geteert, was für eine Wohltat für meinen wunden Hintern. Und wenn ich mich beeile sind es nur noch zwei Tage bis Cusco.

Aber vorher muss ich noch über den Pass Abra la Raya der 4.338 m hoch ist. Kein großes Problem, wenn man sich die ganze Zeit auf 3.600 m befindet. Allerdings habe ich mich wieder erkältet und kämpfe mit einem trockenen Husten. Auf der Passhöhe ist die Wasserscheide zwischen den abflusslosen Becken des Altiplano und dem nordöstlich liegenden Amazonastiefland. Von hier fließen die Bäche zum Amazonas und dann über 6.500 km in den Atlantik. Ein unglaublich weiter Weg.

Peruanische Eisenbahn

Nach dem Pass geht es immer weiter bergab. Es wird wärmer und die Landschaft ändert sich, statt eintöniger Hochebenen sind rechts und links der Straße steile Hänge, eine dichte Vegetation und viele Vögel zu sehen und zu hören. Die Ankunft in Cusco verzögert sich um einen Tag, da ich Fieber habe und lieber einen Tag in Sicuani im Bett verbringe.

An meinem Geburtstag bin ich wieder früh auf dem Rad und habe nach 5 Minuten den ersten Köter am Bein. Inzwischen passt aber meine Technik, ein kurzer Spritzer aus der Wasserflasche vertreibt die meisten Drecksbiester. Auf der Strecke kommen ein paar fiese Gegenanstiege und zum krönenden Abschluss geht es von der Brücke über den Rio Urubamaba 30 km bergauf nach Cusco. Mein erstes Ziel ist das Büro von LAN Peru, um mein Ticket abzuholen, das ich in San Pedro online gebucht hatte. Weiter geht es durch die riesige Stadt zum Hotel El Niño, einem Projekt von Holländern, das Straßenkindern ein Zuhause und Arbeit verschafft.

Cusco

Cusco (Quechua für Nabel der Welt) war von 1200 bis zum 15. November 1533 Hauptstadt des Inkareiches. An diesem Tag zog Pizarro plündernd und brandschatzend in die Stadt ein. Er ließ Gold und Silber einschmelzen und Tempel und Paläste abreißen. Die großen Quadersteine wurden zum Bau der kolonialen Kirchen benutzt. Cucso verlor nach der Gründung Limas durch Pizarro an Bedeutung und wurde 1650 und 1950 durch zwei schwere Erdbeben fast völlig zerstört. Die Mauern der Inkas blieben stehen, die Kirchen und Gebäude der Spanier wurden zu über 90% zerstört.

Erst nach der Entdeckung der verborgenen Stadt Machu Picchu 1911 ändert sich die Bedeutung der Stadt. Heute ist sie das größte Touristenzentrum in Peru. Die Inkaruinen und die Innenstadt mit den Kolonialbauten wurde 1983 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Seitenstraße in Cusco

Ich verbringe zwei Tage in der Stadt, fasziniert von den Steinmauern in den Seitenstraßen mit den Riesenquadern, die ohne Mörtel oder Zement stabil zusammengefügt sind. Und buche zusammen mit zwei Engländerinnen einen Trek auf dem Inka Trail. Ohne Führer ist keine Genehmigung dafür zu bekommen. Auch treffe ich die drei verrückten Berliner wieder, die mir schon mit ihrem Trabi in Patagonien begegnet waren.

Auch in der Umgebund von Cusco gibt es eine Menge anzusehen, so fahre ich zu den riesigen Ruinen von Sacsayhuaman, ins Tal des Urubamba nach Ollantaybamba und dem Markt von Pisaq. Aber hier sind mehr Touristen unterwegs, als Einheimische, dementsprechend ist das Warenangebot.

Markt in Pisaq

Inka Trail

Zwei Tage später fahre ich früh mit einem Kleinbus, unserem Führer Jorge und vier Trägern nach Ollantaytamba zurück und um 8 Uhr stehen wir am Start des Inka Trails. Wir wollen einem kleinen Teil des über 22.000 km langen Wegesystems der Inkas nach Machu Picchu, der verborgenen Stadt der Inkas folgen. Die Inkas kannten weder das Rad noch Pferde, so wurden die Lasten auf Llamas oder den Schultern von Trägern transportiert.

Der erste Tag verläuft gemütlich, es geht durch grüne Wiesen an kleinen Ruinen vorbei 500 m bergauf nach Wayllabamba. Schon um 13 Uhr bauen die Träger das Zelt auf, um 13:15 Uhr fängt es an zu schütten. Wir sind eindeutig während der Regenzeit unterwegs. So verbringe ich den Nachmittags lesend und schlafend. Später gibt es Tee und Abendessen im Esszelt. Was für ein Unterschied zu den einsamen Abenden in der Wüste.

Bartflechten

Am zweiten Tag starten wir nach einem guten Frühstück mit Obstsalat und Pfannkuchen wieder früh. So sind wir die zweite Gruppe an der Kontrollstation zum Eingang in den Nationalpark. Die anderen Gruppen sind deutlich größer und schlechter organisiert. Trotz Gepäck hole ich die erste Gruppe bald ein und bin alleine auf dem Pass. Durch die dichten Wolken haben wir keine großartige Aussicht, so dass ich bald wieder absteige und um halb elf Uhr vor den Trägern im Camp bin. Es folgt wieder ein langer Tag im Zelt, ich stehe nur auf, wenn es etwas zu essen gibt. Draußen regenet es mal mehr, mal weniger weniger.

Nach 1200 Höhenmetern am Vortag hat Andrea Knieprobleme und eine Salmonellenvergiftung, Jorge humpelt, nur Shona läßt sich nichts anmerken. So folgen wir weiter dem wunderschönen Weg durch den Bergregenwald.

Rio Urubamba

Andrea und Shona

Am vierten Tag starten wir in völliger Dunkelheit, um rechtzeitig am Sonnentor einzutreffen. Von dort ist es nur noch eine Stunde nach Machu Picchu. Uns bietet sich ein überwältigender Anblick, wir haben die Stadt praktisch für uns allein. Die Stadt ist zwischen dicht bewachsenen Bergen perfekt geschützt und war für die spanischen Eroberer 1532 unsichtbar und ist dadurch der Zerstörung entgangen. Nach vier Stunden habe ich jedes Gebäude und den Berg gegenüber ausgecheckt und fahre mit dem Bus nach Aguas Calientes. Oberhalb des Ortes gibt es heiße Quellen, genau das richtige nach einer mehrtägigen Wanderung. Im heißen Wasser vergesse ich die Zeit und verpasse fast den Zug zurück nach Cusco.

Machu Picchu

Am nächsten Morgen besteige ich einen neuen Airbus A320 nach Lima und stehe nach einem Zwischenstopp in Madrid 24 Stunden später wieder in Frankfurt. Insgeamt habe ich 3.200 km und 34.000 Höhenmeter mit dem Fahrrad zurückgelegt. Und am nächsten Wochenende bin ich wieder am Roten Fels beim Klettern.

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